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von Kerstin Schmidt

Manuel Andrack: "Du musst wandern"

Da ich nicht zu den Harald-Schmidt-Jüngern gehöre, weiß ich nicht, ob Manuel Andrack in dieser spätabends stattfindenden Show ebenso sympathisch rüberkommt, wie in diesem Buch, das ich – mit sehr viel Vergnügen – über Ostern gelesen habe.

Was mir an ihm gefällt? Also, er ist erstens Nicht-Führerschein-Besitzer. So wie ich. Außerdem braucht er keine Extrem-Sportarten, keine Alpen-Höhen-Wanderwege oder solche, wo man ohne nepalesische Sherpas nicht mehr hinkommt, um abends nach 40 km und einem Liter Weizenbier geschafft und glücklich ins Bett zu fallen. Er wandert vor allem in den deutschen Mittelgebirgen. Und er wandert am liebsten allein. Das kann ich sehr gut nachvollziehen. Denn auch ich mag lange, einsame Ausflüge in die Wälder, an die Seen vor der Haustür: die unspektakulären Herausforderungen einer unspektakulären Landschaft, die trotzdem zu allen Jahreszeiten ihre Reize hat.

Nicht jeder Wanderführer macht wirklich Lust aufs Wandern - auch wenn er mit brillanten Recherchen, Hochglanz-Farbfotos und herausnehmbaren wetterfesten Wegekarten daherkommt. Die Tourenbeschreibungen in Manuel Andracks Buch, die machen Lust. Der Schreibstil ist fröhlich und ungezwungen. Kleine Skizzen und selbstgeschossene Schwarz-Weiß-Fotos lockern auf oder veranschaulichen. In einer Wege-Stil-Fibel erfährt man, dass der Autor zum Beispiel Rundwanderwege nicht mag – und besonders "Luftballon"-Wanderwege total verabscheut. Oder hätten Sie gedacht, dass es mindestens sechs verschiedene Typen von Bänken an Wanderwegen gibt? Und warum die mit den kleinen goldenen Blechschildern spießig sind? Gibt es ein wirklich hilfreiches Mittel gegen Blasen an den Füßen? Oder interessiert Sie vielleicht eher die "Klassifikation von Feldwegen"?

Manuel Andrack bezeichnet sich selbst als "einen Wanderer zwischen den Welten". Die eine Welt ist die der Hardcore-Traditionalisten in Kniebundhosen und mit Stoffrucksäcken. In der anderen laufen teuer ausgestattete Hightech-Nordic-Walker mit Höhenmessern auf Treks oder Trails. Manuel Andrack bleibt immer mit einem Fuß auf der Erde, zieht am liebsten in Jeans und Sandalen los – ohne Stöcke – und sagt weiterhin "wandern".

Zur Illustration der Vielfalt werfen wir diesmal ausnahmsweise einen Blick ins Inhaltsverzeichnis:

Der schönste Wanderweg der Welt – Mit dem Vater durch die Eifel
Der Weg der Sinne – Neues Wandern auf dem Rothaarsteig
Stöcke und Bratkartoffeln – Mit Victor auf dem Goetheweg bei Weimar
Durchs wilde Karl-May-Land – Auf den Höhen der Sächsischen Schweiz
Flüssige Wanderwege – Durch die böhmische Schweiz von Hrensko noch Hrensko
Gejammert wird nicht – Mit den Töchtern im Hunsrück
Der feuchte Schwarzwald – Eine abgebrochene Wanderung
Darf man Mountainbiker grüßen – Mit Markus auf dem Hermannsweg
Im Herzen des Harzes – Mit Victor auf dem Brocken und unter Tage

Mehr? —  ausführliche Leseprobe in DIE ZEIT 06/2005

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